Eine vielversprechende Alternative zur Herstellung makroskopisch großer Bauteile bzw. Halbzeuge über gusstechnische Verfahrensrouten ist die additive Synthese mittels generativer Fertigungsverfahren. Hierbei lassen sich die mit den kritischen Abkühlraten bzw. maximal realisierbaren Abgussdicken verbundenen Problematiken der Reinheit und Kontamination, sowie die mit komplexeren Bauteilgeometrien einhergehenden Schwierigkeiten bei gusstechnischen Verfahren geschickt umgehen.
Grundsätzlich sind dabei zwei Ansätze zu unterscheiden: zum einen ein additiver Aufbau von Bauteilen aus amorphem Halbzeug wie z. B. Granulat oder Pulver mittels Thermoplastischen Formens (Vgl. Abb. 1); zum anderen die Herstellung amorpher Bauteile über Verfahren, bei welchen die Legierung zunächst erneut aufgeschmolzen wird und anschließend amorph, d. h. als Glas, erstarrt. Bei Letzterem muss das zugrunde liegende Feedstock-Material/Halbzeug nicht zwangsläufig bereits im Glaszustand vorliegen. Formgebung und Glasbildung sind somit zunächst gekoppelt, können jedoch durch anschließendes thermoplastisches Formen erneut entkoppelt werden (Vgl. Abb. 1). Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei unterkühlten Schmelzen um thermodynamisch metastabile Systeme handelt, erfordert das Thermoplastische Formen eine genaue Kenntnis der thermischen Stabilität der Legierung. Letztere beschreibt wie lange die hochviskose, unterkühlte Schmelze stabil gegenüber einsetzender Kristallisation ist, und bestimmt somit das verfügbare Prozessfenster zur Umformung. Wie die Glasbildungsfähigkeit variiert auch die thermische Stabilität stark mit der Legierungszusammensetzung. In Zusammenarbeit mit uni versitären Partnern erforscht Heraeus die Technologie des Thermoplastischen Formens und entwickelt neue, glasbildende Legierungen, welche sich speziell für dieses Umformverfahren eignen. Abseits der Umformung von gegossenem Bulkmaterial, wird ebenfalls untersucht, wie sich Bauteile auf Basis amorphen Pulvers fertigen lassen.
Neben Ansätzen zum thermoplastischen Formen (Kompaktieren) der Pulver erforscht und entwickelt Heraeus zudem die additive Fertigung amorpher Metalle mittels Pulverbettverfahren wie Elektronenstrahlschmelzen oder Selektivem Laserstrahlschmelzen.
Pulverbettverfahren
Als additiv oder generativ bezeichnet man Fertigungsprozesse, die durch schichtweisen Aufbau Lage für Lage Bauteile aus Metallen, Polymeren oder Sondermaterialien erzeugen. Im Falle der sogenannten Pulverbett- Verfahren werden Schichten eines Pulvers mit typischen Partikelgrößen von 10-100 μm auf eine Bauplattform aufgetragen und der Querschnitt des zu erzeugenden Bauteils per Laser (Selektives Laserschmelzen) oder Elektronenstrahl (Selektives Elektronenstrahlschmelzen) aufgeschmolzen und mit darunterliegenden Bauteilschichten verschweißt (s. Abb. 2). In dieser Weise lassen sich schichtweise komplexeste Strukturen aus einer Vielzahl an Werkstoffen herstellen. Beschränkungen fertigungsgerechter Konstruktion für klassische Fertigungsverfahren gelten hier nicht mehr, da ohne Werkzeug auch Überhänge, Hinterschnitte oder Hohlräume erzeugt werden können.