Der infektionsgefährdete Patient in der Endoprothetik

Periprothetische Infektionen (PPI) sind eine ernst zu nehmende Komplikation bei endoprothetischen Eingriffen. Das Infektionsrisiko nach Primäreingriffen liegt bei bis zu 2% und steigt auf ca. 5% bei Revisionseingriffen.1

Diverse Risikofaktoren können in der Primär- und Revisionsendoprothetik Infektionen begünstigen. 6 von 10 Patienten ab 65 Jahren weisen mindestens 2 Risikofaktoren für eine Infektion auf.2

Bei der Prävention von Infektionen ist es von besonderer Bedeutung sowohl die Komorbiditäten des Patienten als auch die operationsassoziierten Risiken zu berücksichtigen:

Risikofaktoren

Patientenbezogene Risikofaktoren

Definition eines infektionsgefährdeten Patienten entsprechend Sanz-Ruiz & Berberich (2020)
Definition eines infektionsgefährdeten Patienten entsprechend Sanz-Ruiz & Berberich (2020)

Zur effektiven Prävention einer periprothetischen Infektion bei einem infektionsgefährdeten Patienten, sollte zuerst eine Definition erfolgen, wer als infektionsgefährdeter Patient einzuordnen ist:

  • Kombination von mindestens 3 Risikofaktoren bei elektiver primärerer Hüft TEP/ Hüft TEP nach Trauma3
  • Kombination von mindestens 2 Risikofaktoren bei elektiver primärer Knie TEP3

Es gibt diverse Risikofaktoren, die mit einer erhöhten PPI Rate in Verbindung gebracht werden. Darüber hinaus bringt jeder Patient individuelle Voraussetzungen mit, die ein potenzielles Infektionsrisiko darstellen. Die Risikofaktoren Adipositas, Diabetes mellitus sowie kardiovaskuläre Erkrankung wurden für eine nähere Betrachtung ausgewählt.

Warum ist Adipositas ein Risikofaktor?

Das Risiko, eine Gelenkendoprothese zu erhalten und ernste postoperative Komplikationen wie eine Infektion zu entwickeln, erhöht sich bei adipösen Menschen. Was genau Adipositas zu einem Risikofaktor für Infektionen macht, wird nachfolgend erklärt:4-7

- Durch Adipositas bedingtes metabolisches Syndrom führt zu chronischen Entzündungen und löst andere Krankheiten aus

Durch Adipositas bedingtes metabolisches Syndrom führt zu chronischen Entzündungen und löst andere Krankheiten aus

Führende Ursache für die frühe Entwicklung von Osteoarthritis

Führende Ursache für die frühe Entwicklung von Osteoarthritis

Erhöhte bakterielle Besiedlung

Erhöhte bakterielle Besiedlung

Höhere Kontaminationsgefahr durch verlängerte Operationszeit

Höhere Kontaminationsgefahr durch verlängerte Operationszeit

Verlängerte Wundheilung und Wundsekretion

Verlängerte Wundheilung und Wundsekretion

Bedarf an gewichtsangepasster Antibiotikadosierung

Bedarf an gewichtsangepasster Antibiotikadosierung

Welchen Einfluss hat die Adipositas auf orthopädische Eingriffe?

In vielen Studien wurde der Zusammenhang eines erhöhten Body-Mass-Index (BMI) mit höheren Infektionsraten gezeigt. Im Vergleich zu nicht adipösen Patienten stieg bei adipösen Patienten die Rate der polymikrobiellen Infektionen (60,3 % vs. 33,3 %, p<0,001).8 Adipositas ist zu einem globalen Problem geworden.9 In Großbritannien z. B. liegt die Prävalenz für Übergewicht und Adipositas bei 35 % bzw. 28 %.10

Warum ist Diabetes ein Risikofaktor?

Studien haben gezeigt, dass das Infektionsrisiko bei Menschen mit schlechter glykämischer Einstellung verdoppelt oder sogar verdreifacht sein kann. Was genau Diabetes zu einem Risikofaktor für Infektionen macht, wird in diesem Bild erklärt:11-14

Risikofaktoren Diabetes: Geringere oder beeinträchtigte Aktivität von Immuneffektormechanismen; Höhere Dichte und unterschiedliche Zusammensetzung der Bakterienflora auf Haut und Darm; Verlängerte Wundheilung und Wundsekretion; Blutgefäßschäden und beeinträchtigter (kapillarer) Blutfluss

Welchen Einfluss hat Diabetes auf orthopädische Eingriffe?

8,5 % der erwachsenen Weltbevölkerung sind Diabetiker.15 Im Vergleich dazu ist bei Patienten, die eine Gelenkendoprothese erhalten, die Prävalenz sogar höher (Diabetesprävalenz von 16 % bei Endoprothesenpatienten in Deutschland16). Ein unkontrollierter Diabetes ist ein bekannter, unabhängiger Risikofaktor für die Entwicklung einer periprothetischen Infektion.17

Warum ist eine kardiovaskuläre Erkrankung ein Risikofaktor?

Bei Endoprothetikpatienten ist die Prävalenz von kardiovaskulären Erkrankungen erhöht. Kardiovaskuläre Erkrankungen beziehen sich auf eine Vielzahl von Herz- und Blutgefäßerkrankungen und umfassen:

  • Atherosklerose,
  • tiefe Venenthrombose,
  • koronare Herzkrankheit,
  • zerebrovaskuläre Erkrankungen,
  • periphere Gefäßerkrankungen.

Diese Erkrankungen korrelieren häufig mit einem beeinträchtigten Blutfluss und einem schwächeren Immunsystem.18-20

Welchen Einfluss haben kardiovaskuläre Erkrankungen auf orthopädische Eingriffe?

Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen sind generell anfälliger. Chronische Blutgefäßschäden und Medikamente, die die Gerinnungs- und Thrombozytenfunktionen beeinflussen, machen sie anfälliger für Infektionen.21-24

Prävention bei Prozeduren mit erhöhtem Infektionsrisiko

Bei einem risikoadaptierten Ansatz spielen zweifach antibiotikahaltige Knochenzemente eine wichtige Rolle für die Prophylaxe bei Primäreingriffen mit erhöhtem Infektionsrisiko25, aseptischen Revisionsprozeduren26 und Schenkelhalsfrakturen27. Zweifach antibiotikahaltige Knochenzemente bieten eine breite Wirksamkeit gegen die am häufigsten vorkommenden Erreger bei periprothetischen Infektionen (PPI).

Erfahren Sie mehr über die PPI Prophylaxe bei den folgenden Prozeduren:

1 Sanz-Ruiz P., Berberich C. Infection Risk-Adjusted Antibiotic Prophylaxis Strategies in Arthroplasty: Short Review of Evidence and Experiences of a Tertiary Centerin Spain. OrthopRes Rev. 2020 Aug 6; 12: 89-96.
2  OECD. Multilingual Summaries Health at a Glance 2019 OECD Indicators . Visited on 11/02/21.
3 Sanz-Ruiz P., Berberich C. Infection Risk-Adjusted Antibiotic Prophylaxis Strategies in Arthroplasty: Short Review of Evidence and Experiences of a Tertiary Centerin Spain. OrthopRes Rev. 2020 Aug 6; 12: 89-96.
4 Cheng H. et al. Prolonged Operative Duration Increases Risk of Surgical Site Infections: A Systematic Review. Surg Infect (Larchmt). 2017 Aug/Sep; 18(6): 722-735.
5 Engin A. The Definition and Prevalence of Obesity and Metabolic Syndrome. Adv Exp Med Biol. 2017; 960: 1-17.
6 Löwik CAM. et al. Obese patients have higher rates of polymicrobial and Gram-negative early periprosthetic joint infections of the hip than non-obese patients. PLoSOne. 2019 Apr 8; 14(4): e0215035.
7  World Health Organization. Obesity and overweight . Visited on 11/02/21.
8 Löwik CAM. et al. Obese patients have higher rates of polymicrobial and Gram-negative early periprosthetic joint infections of the hip than non-obese patients. PLoSOne. 2019 Apr 8; 14(4): e0215035.
9  Havard T. H. Chan. Adult Obesity . Visited on 29/03/21.
10  NHS. Statistics on Obesity, Physical Activity and Diet, England, 2020 . Visited on 11/02/21.
11 Eka A., Chen AF. Patient-related medical risk factors for periprosthetic joint infection of the hip and knee. Ann TranslMed. 2015 Sep; 3(16): 233.
12 Jämsen E. et al. Obesity, diabetes, and preoperative hyperglycemia as predictors of periprosthetic joint infection: a single-center analysis of 7181 primary hip and knee replacements for osteoarthritis. J Bone Joint Surg Am. 2012 Jul 18; 94(14): e101.
13 Marchant MH. Jr. et al. The impact of glycemic control and diabetes mellitus on perioperative outcomes after total jointarthroplasty. J Bone Joint SurgAm. 2009 Jul; 91(7): 1621-9.
14  Mayo Clinic. Diabetes . Visited on 11/02/21.
15  World Health Organization. Diabetes. Visited on 11/02/21.
16 Bleß HH., Kip M. Weissbuch Gelenkersatz - Versorgungssituation bei endoprothetischen Hüft- und Knieoperationen in Deutschland. Heidelberg: Springer Verlag, 2017: 11-12; 49-50.
17 Jämsen E. et al. Obesity, diabetes, and preoperative hyperglycemia as predictors of periprosthetic jointinfection: a single-center analysis of 7181 primary hip and knee replacements for osteoarthritis. J Bone Joint Surg Am. 2012 Jul 18; 94(14): e101.
18 Bleß HH.,Kip M. Weissbuch Gelenkersatz - Versorgungssituation bei endoprothetischen Hüft- und Knieoperationen in Deutschland. Heidelberg: Springer Verlag, 2017: 11-12; 49-50.
19 Eka A., Chen AF. Patient-related medical risk factors for periprosthetic joint infection of the hip and knee. Ann Transl Med. 2015 Sep; 3(16): 233.
20  World Health Organization. Cardiovascular diseases (CVDs) . Visited on 12.02.2021
21 Antonelli B., Chen AF. Reducing the risk of infection after total joint arthroplasty: preoperative optimization. Arthroplasty 1, 4 (2019).
22 Avishai E., Yeghiazaryan K., Golubnitschaja O. Impaired wound healing: facts and hypotheses for multi-professional considerations in predictive, preventive and personalised medicine. The EPMA journal, 2017 8(1), 23–33.
23 Eka A., Chen AF. Patient-related medical risk factors for periprosthetic joint infection of the hip and knee. Ann Transl Med. 2015 Sep; 3(16): 233.
24 Yu S. et al. Preventing Hospital Readmissions and Limiting the Complications Associated With Total Joint Arthroplasty. J Am Acad Orthop Surg. 2015 Nov; 23(11): e60-71.
25 Sanz-Ruiz P., Berberich C. Infection Risk-Adjusted Antibiotic Prophylaxis Strategies in Arthroplasty: Short Review of Evidence and Experiences of a Tertiary Center in Spain. Orthop Res Rev. 2020 Aug 6; 12: 89-96.
26 Sanz-Ruiz P. et al. Is Dual Antibiotic-Loaded Bone Cement More Effective and Cost-Efficient Than a Single Antibiotic-Loaded Bone Cement to Reduce the Risk of Prosthetic Joint Infection in Aseptic Revision Knee Arthroplasty? J Arthroplasty. 2020 Dec; 35(12): 3724-3729.
27 Sprowson AP. et al. The use of high-dose dual-impregnated antibiotic-laden cement with hemiarthroplasty for the treatment of a fracture of the hip. Bone Joint J; 2016 Nov; 98-B: 1534–1541.