Die 108 Minuten des ersten bemannten Raumflugs am 12. April 1961 hätte Juri Gagarin auch ohne Mahlzeit überstanden, aber die Sowjetunion wollte zeigen, was alles geht. Also nuckelte Gagarin an seinen drei Tuben: zweimal püriertes Fleisch, einmal Schokosoße. Vier Monate später war German Titow der zweite Mensch in einer Erdumlaufbahn und der erste, dem dort richtig übel wurde. Was allerdings nicht an der Tubennahrung lag – Titow war das erste Opfer der Raumkrankheit, die mit der Seekrankheit verwandt ist.
Space Food









Tuben-Fleischbrei (1961)

Corned beef sandwich (1965)

Virgil Grissom hasste Astronautennahrung, daran hatte der Kapitän von Gemini 3 nie Zweifel gelassen. Es sollte Shrimp-Cocktail geben, umhüllt mit Gelatine, damit alles schön beisammenbleibt. Ziemlich eklig. Also schmuggelte Co-Pilot John Young für seinen Chef ein Corned-Beef-Sandwich an Bord. Nach einem herzhaften Biss schwebten natürlich Krümel durch die Kapsel, was die Millionenmission gefährdete. Die NASA beließ es bei einem sanften Rüffel für ihre Space Cowboys.
Spoon Bowl (1972)

Ein klebriger Genuss für Eugene Cernan (Apollo 17): Der kulinarische Fortschritt für die Apollo-Mondfahrer war heißes Wasser. Sogenannte Spoon Bowls – Plastikbehälter mit gefriergetrockneten Pulvern – wurden mit Wasser aufgegossen und durchgeknetet. Der daraus resultierende Brei blieb risikolos am Löffel hafteten. Legendär ist eine 16-minütige Diskussion zwischen Apollo 12 und Houston, ob eine Portion Thunfisch vom Vortag –ebenfalls aus Pulver geknetet – noch essbar sei.
Lobster Newberg (1973)

Fast wie zu Hause: Das Bild zeigt, wie zwei Monate vor dem Start US-Astronauten im Skylab, der ersten wissenschaftlichen Raumstation trainieren, wie man eine Mahlzeit isst.. Das Skylab hatte eine Tiefkühltruhe und 72 Punkte auf der Speisekarte (darunter „Lobster Newberg“: Hummer in Cognac). Der Tisch war angeschraubt und das Besteck mit Magneten befestigt. So sollte eine kultivierte Atmosphäre simuliert werden.
Borschtsch (1975)

So sieht Entspannungspolitik aus: 1975 kam es zum spektakulären Kopplungsmanöver von Sojus und Apollo, wodurch die sowjetischen und amerikanischen Raumfahrer von einem Raumschiff ins andere umsteigen konnten. Auf dem Foto halten Thomas Stafford und Donald Slayton Tuben mit russischem Borschtsch (Eintopf mit Roter Bete) hoch, die sie von den Russen geschenkt bekommen haben. Die Geste sollte ein freundschaftliches Zuprosten möglich machen. Die Russen hatten deshalb, kleiner Scherz, die Tuben mit Wodka-Etiketten beklebt.
Moussaka (1978)

Interkosmos hieß das Raumprogramm, in dessen Rahmen die Sowjetunion zahlreiche Kosmonauten verbündeter Nationen ins All schoss – darunter 1978 den Sachsen Sigmund Jähn. Küchenchefs all dieser Missionen waren die Bulgaren, die offensichtlich eine heimliche Leidenschaft für griechisches Essen mit ins Weltall brachten: Es gab Moussaka, Zaziki und neben Suppen auch viel Trockenobst. Darüber waren wenig Klagen zu hören, was aber an den Umständen dieser Zeit gelegen haben mag.
Cola (1985)

Je länger der Raumflug, desto mehr vermissen Astronauten die täglichen Freuden. Darunter im NASA-Lager selbstverständlich Cola. Coca-Cola und Pepsi-Cola entwickelten deshalb beide – quasi unter Hochdruck – Dosen fürs All. Ein Mundstück leitete das Getränk in den Raumfahrermund, wo Probleme begannen, die bis heute nicht ganz verstanden worden sind: Die Astronauten mussten heftig aufstoßen, noch mehr als auf der Erde.
Espresso (2015)

Die ISS-Astronautin Samantha Cristoforetti stammt aus Mailand. Ebenfalls aus Italien stammt der Espresso aus der ISSpresso, einer Kaffeemaschinen-Spezialanfertigung der Firma Lavazza. Ab 2015 zauberte er Cristoforetti und allen Crewmitgliedern, die ihr nachfolgten, ein Lächeln ins Gesicht. Vorher hatten Klagen über miesen Kaffee zum kritischen Grundrauschen aus 60 Jahren Raumflug gehört. Die Lavazza-Maschine produziert übrigens auch Dampf – allerdings nicht für Milchschaum, sondern für die übliche Astronautennahrung.
3D Pizza (Zukunft)

Partystimmung auf der ISS: Im März 2019 genossen Anne McClain und David Saint-Jacques eine selbst belegte Pizza – stilecht zubereitet, wenn sie nicht in Alufolie und senkrecht stehend gebacken worden wäre. In naher Zukunft soll es wieder Pizza geben: Das Advanced Food Technology (AFT) Project der NASA will Essen im 3-D-Verfahren „frisch“ ausdrucken. Die Bestandteile sind zwar auch wieder aus Pulver, das Resultat ist aber vielleicht attraktiver.