Fast panisch ruft Michael Collins seinen Kameraden noch nach: „Redet weiter mit mir, Jungs!“ Gerade eben wurde die Landefähre mit Armstrong und Aldrin an Bord vom Mutterschiff getrennt, um hinab zum Mond zu fliegen. Als dritter Astronaut der Mission Apollo 11 muss Collins in der Columbia auf die Rückkehr der beiden warten. Wenn seine Gefährten gleich vor den Augen der Welt den Mond betreten, taucht Collins bereits auf die erdabgewandte Seite des Mondes ab und ist damit stundenlang der einsamste Mensch aller Zeiten. „Ich bin jetzt wahrhaftig einsam und absolut fern von jedwedem bekannten Leben“, notiert er dort und fühlt zugleich doch eine große Freude.
Michael Collins wird als „vergessener Astronaut“ der ersten Mondmission bezeichnet. Nicht einmal Richard Nixon denkt noch an ihn: Der US-Präsident schickt zwar einen Gruß an die beiden ersten Menschen auf dem Mond, nicht aber an den dritten Mann im Weltraum. Dabei ist der Erfolg von Apollo 11 auch Collins zu verdanken, der nicht nur uneitel und selbstlos, sondern auch höchst umsichtig ist.
Das schwächste Glied in der Kette?
Michael Collins wird am 31. Oktober 1930 in Rom als Sohn eines hohen US-Militärs geboren. Wie sein späterer Gefährte Aldrin studiert Collins an der Militärakademie in West Point. Danach wählt er den klassischen Weg zur NASA: Er wird Kampfflieger, dann Testpilot; 1963 erreicht er sein Ziel. Als erster Astronaut fängt er 1966 auf einem Weltraumspaziergang einen veralteten Satelliten ein. Insgesamt ist er mehr als elf Tage im All.
Einen Monat nach der Rückkehr von der Mondmission Apollo 11 schreibt Michael Collins im US-Magazin LIFE: „Jeder Flug wie dieser besteht aus einer extrem langen, fragilen Kette von Ereignissen.“ Ihm sei sehr bewusst gewesen, dass „jede Kette, die so lang und so zerbrechlich wie diese ist, ein schwaches Glied“ haben müsse. „Glauben Sie mir: Ich habe vor dem Flug viel Zeit damit verbracht, mir Sorgen zu machen. Könnte ich das schwache Glied in der Kette sein?“ Stundenlang habe er im Mutterschiff auf eine erlösende Nachricht der Kameraden gewartet und dabei „wie eine nervöse Braut“ geschwitzt. Hätte er allein zur Erde zurückkehren müssen, wäre er für sein Leben gezeichnet gewesen.