Kleinostheim, 26. Januar 2023
Intelligente Infrarot-Systeme sparen Energie bei der Kunststoffverarbeitung
Die Verarbeitung von Kunststoffen ist energieintensiv. Bis aus einem Granulat ein Produkt gefertigt ist, sind unzählige Wärmeprozesse nötig.
Bei der Herstellung eines Autos profitieren sehr viele Kunststoffteile von Infrarot-Systemen. Kunststoffe lassen sich durch Wärme formen, verbinden oder entgraten und dabei zahlt es sich aus, wenn die Wärme nur dort wirkt, wo sie benötigt wird. Das schont die Umgebung und spart Energie. Wie ein Umstieg von herkömmlichen Systemen auf Infrarot-Wärmetechnologie bis zu 73% Energie einsparen kann, zeigen die folgenden Beispiele aus der Kunststoffverarbeitung.
IR System reduziert Energiekosten für Sitzverkleidungen um 73%
KJ Ryan in Großbritannien hat sich auf Automobil-Innenverkleidungen sowohl maßgeschneiderte als auch für Tier-1-Automobilkunden spezialisiert. Das reicht von einzelnen Komponenten bis hin zu kompletten Fahrzeuginnenräumen.
Für die Herstellung der Verkleidung einer Sitzrückenlehne arbeitete KJ Ryan mit P&D Engineering zusammen, einem Unternehmen, das mit viel Fachwissen aus der Automobilzulieferkette eine spezielle Presse für solche Ummantelungen konstruiert und gebaut hat.
Für die Herstellung der Sitzrückenlehne wird das kleberbeschichtete, zugeschnittene Deckmaterial ebenso wie das Substrat in die Presse geladen. Eine Heizeinheit wird in die Maschine gefahren und erwärmt die beiden Komponenten. Durch die Wärme wird die Klebstoffbeschichtung aktiviert. Das Heizmodul wird herausgefahren und die Rückenlehne wird mit dem Deckmaterial, das durch die Wärme ebenfalls geschmeidiger wird, zusammengepresst. Das Deckmaterial wird so auf die Lehne kaschiert und das fertige Produkt kann schließlich aus der Presse entnommen werden.
In früheren Anlagen kamen keramische Heizelemente zum Einsatz. Diese waren jedoch energieintensiv und mussten in regelmäßigen Abständen ausgetauscht werden. Daher ersetzte P&D Engineering bei der neuen Presse die Keramikstrahler durch zwölf schnelle mittelwellige Infrarot-Strahler von Heraeus. Diese haben den Energieverbrauch um signifikante 73% reduziert. Durch ihre schnelle Reaktionszeit sind erheblich kürzere Hochlaufzeiten möglich, wodurch die Zykluszeiten für den Betrieb nun deutlich kürzer sind. Darüber hinaus konnten auch die Gesamtkosten gesenkt werden, da das neue Infrarot-System eine deutlich längere Lebensdauer hat, was auch weniger Wartung bedeutet.
"Wir sind mit der Leistung der neuen Pressen sehr zufrieden", kommentiert James Billingham, Projektingenieur bei KJ Ryan, "Tatsächlich haben wir P&D jetzt gebeten, zwei weitere Anlagen mit dem Infrarot-Heizsystem zu liefern".
Infrarot-Strahler entgraten effizient Handschuhkästen und Türgriffe
Die Zykluszeit für das Entgraten von Autoinnenteilen aus Kunststoff beträgt beispielsweise etwa 40 Sekunden inklusive Teilehandling. Das Zeitmanagement wird noch erschwert, wenn lackierte Verkleidungsteile, Zierblenden oder Handschuhkästen für Rechts- und Linkslenker in der gleichen Anlage gefertigt werden sollen. Um diese Grate zu entfernen, untersuchte die Firma Hahn aus Sontra verschiedene Methoden. Mechanisch, durch Abschleifen oder Fräsen, oder aber thermisch mit einem Heißluftfön oder einem Bunsenbrenner. Alle diese Methoden wurden manuell durchgeführt und je nach Geschicklichkeit des Arbeiters fielen die Ergebnisse qualitativ sehr unterschiedlich aus. Die mechanischen Verfahren hätte man durch maschinelles Schleifen oder Fräsen automatisieren können, allerdings wäre danach eine intensive Reinigung nötig gewesen, um die entstandenen Späne zu entfernen. Ein Heißluftdüsensystem erwies sich als sehr kompliziert in der Herstellung und der Prozess hätte sich außerdem nur sehr träge regulieren lassen. Darum konstruierte man schließlich mit Heraeus Noblelight zusammen ein Infrarot-System, bei dem kleine kurzwellige Flächenstrahler eingesetzt werden.
Diese Strahler lassen sich gut an den Kanten von dreidimensionalen Produkten anordnen, sie sind sehr gut steuerbar und übertragen relativ viel Energie in kurzer Zeit auf begrenzte Flächen. Die Entgratung der Produkte erfolgt nun automatisiert innerhalb von 5 Sekunden. Zur besseren Entscheidung berechnete man bei der Firma Hahn den Gesamtenergiebedarf pro Entgratungszyklus, einmal mit Heißluftfön und einmal mit Infrarot-Strahlern. Laut dieser Berechnung stehen pro Zyklus 42,5 Wattstunden bei Heißluft 8,7 Wattstunden bei Infrarot-Strahlern gegenüber.
Die Firma Hahn hat den gesamten Prozess intensiv analysiert und Rainer Stück, Geschäftsführer der Firma Hahn, ist besonders von der Energieeffizienz überzeugt: “Wir haben festgestellt, dass sich nach unseren Berechnungen das Infrarot-System bei den untersuchten Stückzahlen bereits innerhalb eines halben Jahres amortisiert!“
Infrarot-Wärme für Armaturenbretter
Das Armaturenbrett eines Autos besteht aus Kunststoff. Dieser wird mit Wärme in Form gebracht und erhält danach eine geräuschdämmende Beschichtung. Die Firma Faurecia setzt dafür Carbon Infrarot-Strahler ein und kann seitdem erheblich an Energie und Zeit einsparen. Zuvor hatte sich die Erwärmung mit Metallbandstrahlern und Dampf als zu langsam für die gesteigerte Produktionsgeschwindigkeit erwiesen. Der Wärmeschritt limitierte immer mehr den Produktionsprozess. Durch eine Aufrüstung mit Carbon Infrarot-Strahlern konnte die Anlage deutlich verbessert werden. Carbon Strahler übertragen schnell große Mengen an Energie und so kann das Unternehmen auf den aufwändigen Wärmedampf zum Vorheizen nun verzichten. Die Formteile aus Polyethylen-Ethylenvinylacetat werden direkt in der Form aufgeheizt. Die Aufheizrate wurde dadurch um 16% gesteigert und die Durchsatzzeiten um 20 Sekunden verringert. Weil Vorheizen jetzt nicht mehr nötig ist, werden rund 9 kW/h Energie eingespart.
„Wussten Sie, wie man die Energieverschwendung mit technischem Licht stoppen kann?“ - Roland Eckl, Geschäftsführer von Heraeus Noblelight
Seit der Energiekrise häufen sich die Fragen nach einem Umstieg von gasbefeuerten Öfen auf Infrarot-Systeme für industrielle Wärmeprozesse.
„Wir setzen auf die besonders effiziente Übertragung von Energie durch technisches Licht, durch UV- oder Infrarot-Strahlung. Diese wirken direkt im Material und benötigen kein Übertragungsmedium. Und der Effekt ist nachweisbar!“, so Roland Eckl.
Warum steigen dann nicht alle Unternehmen sofort um? Häufig fehlen im operativen Alltag die Zeit und die Kapazität, um über neue Technologien nachzudenken. Oft ist es erst einmal einfacher, mit dem bisher bewährten weiterzumachen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass ein intelligent geplanter Umstieg langfristig viel mehr bringt. Beispielsweise helfen optimal angepasste Infrarot-Strahler, die Wärme gezielt anzuwenden und nicht an die Umgebung zu verschwenden. Moderne Infrarot-Systeme lassen sich sekundenschnell schalten und können so ohne Vorheizen und Standby signifikant zur Energieeffizienz beitragen.
Heraeus Noblelight hat sich intensiv mit dem Thema beschäftigt. „Wir stehen in regem Austausch mit einem Energieberater, der für uns mehrere Fälle durchgerechnet hat. Ein Umstieg von einer gasbetriebenen Anlage zu einer Infrarot-Anlage, die mit einem Ökostrom-Mix läuft, kann ganz enorme Einsparungen des CO2 Ausstoßes bringen“, sagt Roland Eckl, „Das spart CO2 Steuer und ist förderfähig!“.
Infrarot- und UV-Systeme tragen so zur Nachhaltigkeit in der industriellen Fertigung bei.